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Berliner Testament und gemeinschaftliches Testament von Ehepaaren

aktualisiert am 10. Juni 2022

Ehepartner möchten nicht nur ihr gemeinsames Leben gestalten, sondern auch gemeinsam die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach ihrem Tode klären. Außerdem ist es für Ehegatten sinnvoll, sich nicht auf die gesetzliche Erbfolge zu verlassen, weil die unerwünschte Folgen hat. Hier kommt dann oft das Berliner Testament ins Spiel. Aber was bedeutet Berliner Testament und was können Ehepartner regeln:

Gemeinschaftliches Testament für Ehepaare

Wie jeder andere auch, können auch Ehepartner allein ein Testament erstellen. Da ein solches einseitiges Testament aber jederzeit widerrufen werden kann, gibt es für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner (nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz) die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten. Nicht miteinander verheiratete oder als  Lebenspartner eingetragenene Partner oder andere, beispielsweise Geschwister, können kein gemeinschaftliches Testament erstellen.

Trotz der gemeinschaftlichen Errichtung des Testaments durch die Ehegatten ist das Testament – anders als bei einem Erbvertrag – eine einseitige Verfügung für den Fall des Todes. Rechtlich sind es zwei Testamente mit einem gemeinschaftlichen Verfügungswillen. Trotzdem hat das gemeinschaftliche Testament gegenüber dem Einzeltestament einige Besonderheiten.

Berliner Testament als häufigste Form des gemeinschaftlichen Testaments

Die meisten gemeinschaftlichen Testamente von Ehepaaren sind ein so genanntes Berliner Testament.  Ein Berliner Testament ist für Ehepaare oft nicht die passende Lösung, weil die rechtlichen Folgen gar nicht passen.

Form des gemeinschaftlichen Testaments

Das gemeinschaftliche Testament kann wie ein Einzeltestament eigenhändig, als öffentliches Testament beim Notar oder als Nottestament errichtet werden. Für die Form des eigenhändigen gemeinschaftlichen Testaments ist es ausreichend, wenn ein Ehegatte eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung abgibt und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mit unterzeichnet sowie Ort und Zeit seiner Unterzeichnung angibt, § 2267 BGB. Damit werden der für das gemeinschaftliche Testament nötige gemeinsame Willensentschluss und der Errichtungszusammenhang dokumentiert.

Wechselbezügliche Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament

Enthält das gemeinschaftliche Testament Verfügungen, von denen anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen sein würde, sind das so genannte wechselbezügliche Verfügungen. Da diese wechselbezüglichen Verfügungen so eng miteinander verbunden sind, führt die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung zur Unwirksamkeit der anderen Verfügung. Das Gesetz benennt als Beispiele, bei denen Wechselbezüglichkeit zu vermuten ist, wenn sich die Eheleute gegenseitig bedenken oder wenn beim Tod des letztversterbenden Ehegatten Verwandte oder Nahestehende des erstverstorbenen Ehegatten bedacht werden.

Der Widerruf einer solchen wechselbezüglichen Verfügung ist nur zu Lebzeiten beider Ehegatten möglich. Will nur ein Ehegatte allein widerrufen, ist das nur über eine notarielle Erklärung möglich.

Nach dem Tod eines Ehegatten ist der Widerruf gar nicht mehr möglich.

Um dem Überlebenden ein neues abweichendes Testament zu erlauben, muss das im gemeinschaftlichen Ehegattentestament ausdrücklich bestimmt werden.

Gemeinschaftliches Testament als Berliner Testament

Das Berliner Testament ist eine besondere Gestaltung des gemeinschaftlichen Testaments.

Von einem „Berliner Testament“ spricht man, wenn sich – wie häufig – Eheleute zuerst gegenseitig als Erben einsetzen und beim Tod des zuletzt Versterbenden der Nachlass an Dritte, meistens die Kinder, fallen soll. Geregelt ist das Berliner Testament in § 2269 BGB, ohne dass dort der Begriff Berliner Testament fällt.

Woher kommt "Berliner Testament"?: Der Begriff Berliner Testament kommt aus einer erbrechtlich früher häufigen Gestaltung aus dem preußischen Recht vor der Geltung des BGB. Allerdings bezeichnete das Berliner Testament früher eine Gestaltung wie die oben beschriebene Trennungslösung.

Ziel des Berliner Testaments ist, den überlebenden Ehegatten nach dem Tod des Ehegatten wirtschaftlich abzusichern und gegenüber den Kindern möglichst unabhängig zu machen, indem er zuerst Alleinerbe wird.

Das Berliner Testament hat aber auch Risiken und kann im Einzelfall nachteilig sein. Zu den Risiken des Berliner Testaments lesen Sie hier.

Daher sollten Muster und Vordrucke für ein Berliner Testament nicht ohne Prüfung übernommen werden.

Arten des Gemeinschaftlichen Testaments – Das Berliner Testament

Für das gegenseitige gemeinschaftliche Testament und damit für das Berliner Testament gibt es zwei verschiedene rechtliche Formen.

Grundform des Berliner Testaments – Ehegatte wird unbeschränkter Erbe

In der ersten Variante wird beim Tode eines Ehepartners der andere dessen Alleinerbe. Der Nachlass des Erstversterbenden wird dadurch mit dem Vermögen des Überlebenden verschmolzen. Dieses Vermögen geht nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten als einheitlicher Nachlass auf den Dritten als Erben über.

Vorteil dieser Konstruktion ist die starke Stellung des Überlebenden, der über den Nachlass frei bestimmen kann. Nachteil ist, dass die Kinder enterbt sind und Pflichtteilsansprüche haben, die sie eventuell geltend machen. Daher werden bei dieser Gestaltung oft Pflichtteilsstrafklauseln aufgenommen, die die Geltendmachung des Pflichtteils durch die Kinder verhindern sollen.

Ausname des Berliner Testaments – Ehegatte wird nur Vorerbe

Bei der zweiten Variante des Berliner Testaments setzen sich die Eheleute gegenseitig zu Vorerben und einen Dritten zum Nacherben ein. Bei dieser Regelung wird der Nachlass des erstversterbenden Ehegatten nicht mit dem Vermögen des Überlebenden verschmolzen. Der überlebende Ehegatte wird nur Vorerbe und damit in seiner Freiheit beschränkt, über das Ererbte zu verfügen. Informationen zur Vorerbschaft-Nacherbschaft finden Sie hier.

Ein Dritter, der am Ende beide Ehegatten beerben soll, erbt beim Tode des Letztversterbenden zwei getrennte Vermögen: den Anteil des Erstverstorbenen, an dem er schon bei dessen Tod eine gesicherte Stellung als Nacherbe erhält, und den Anteil des Zweitverstorbenen als dessen „normaler“ Erbe.

Diese Konstruktion kann für Patchworkfamilien sinnvoll sein, wenn Eheleute sich zwar gegenseitig beerben wollen, die jeweils eigenen Kinder aber beim Tod des zweitversterbenden nur das jeweilige Vermögen des leiblichen Elternteils erben sollen.

Diese Vorerbschafts- Nacherbschaftslösung („Trennungslösung“) kann für die Kinder vorteilhaft sein. Sie erhalten als Nacherbe schon beim Tod des ersten Ehegatten eine Anwartschaft an dessen Erbe und damit – je nach Ausgestaltung der Vorerbschaft – eine starke Stellung. Dafür haben die Kinder, sofern Sie die Nacherbschaft nicht ausschlagen, keine Pflichtteilsansprüche. Nachteil der rechtlich schwerfälligen Vor-Nacherbschafts-Regelung ist die eingeschränkte Handlungsfreiheit des längerlebenden Ehegatten als Vorerbe, der außerdem zwei verschiedene Vermögen verwalten muss.

Berliner Testament und Scheidung

Im Normalfall wird ein Berliner Testament durch eine Scheidung der Eheleute unwirksam. Daher müssen Sie nach der Scheidung über ein neues Testament nachdenken, Stichwort „Geschiedenentestament„.

Individuelle Lösungen für Ihr (Berliner) Testament

Nach unserer Erfahrung ist gerade das beliebte Berliner Testament für die meisten Familiensituationen, in denen ein Testament unerwünschte Erbfolgen verhindern soll, unpassend. Das Berliner Testament – insbesondere wenn es ohne Beratung erstellt wurde – birgt viele Fallen und Risiken.

Welche Lösung für Sie im Einzelfall günstig ist, können wir Ihnen nach Kenntnis der konkreten Familiensituation und Wünsche sagen. Lassen Sie uns darüber in einer Erstberatung reden!

Ihr Ansprechpartner im Erbrecht:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M., Leipzig

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